Seit mehr als fünfzehn Jahren wohne ich im Herzen Rotterdams, direkt an der Nieuwe Maas. Der Blick aus dem Fenster wird niemals langweilig. Meine Arbeit kommt wortwörtlich bei mir Zuhause vorbei. Was mir immer wieder auffällt, während ich auf meinem Sofa sitze, ist, dass die vorbeifahrenden Containerbinnenschiffe fast nie ganz voll sind. Das hat sicher nicht nur mit den Niedrigwasserlagen zu tun. Wäre es doch nur so. Auch in besseren Zeiten fährt ein halb beladenes Binnenschiff nach dem anderen vorbei.

Das Wachstumspotenzial der Containerbinnenschifffahrt ist groß

Diese halb vollen Schiffe illustrieren meiner Meinung nach am besten das Wachstumspotenzial, das in der Containerbinnenschifffahrt steckt. Die Kapazitäten sind da, jetzt müssen sie optimal genutzt werden! Natürlich kenne ich die externen Herausforderungen, denen sich die Binnenschifffahrt gegenübersieht: viel Betrieb auf den Terminals, ständig geänderte Cargo Opening Times und das erwähnte Niedrigwasser sind nur ein paar Beispiele.

Die Binnenschifffahrt hat ihre Zukunft selbst in der Hand

Zugleich kann die Containerbinnenschifffahrt auch selbst aktiv werden, indem sowohl in der Kette als auch untereinander mehr kooperiert wird. So können neue Parteien an den Transport auf dem Wasserweg herangeführt werden. Damit werden auch Situationen wie während des kürzlichen Niedrigwassers vermieden, wo für den Transport häufig noch ad hoc mehrere Notverbände gebraucht wurden. Da, wo das nicht funktioniert hat, werden Bestandskunden über andere Modalitäten nachdenken, und die Binnenschifffahrt verliert unnötigerweise Ladung.

Kooperation ist für alle gut

Mehr operative Zusammenarbeit untereinander in der Binnenschifffahrt ist für alle vorteilhaft. Denn warum soll man auf Strecken, auf denen es auch anders möglich ist, weiterhin halb voll hintereinander herfahren? Schauen Sie sich den Deepsea-Verkehr an. Auf den großen Schifffahrtsrouten sind alle gemeinsam unterwegs und profitieren von Größenvorteilen, einschließlich aller Effizienz- und Kostenvorteile. Das ist in der Binnenschifffahrt auch möglich. Punkt-zu-Punkt-Verbindungen mit einem einzigen vollen Schiff von einem Inlandterminal zu einem Deepsea-Terminal und umgekehrt. Wie effizient wäre das! Das „Einzige“, was dafür nötig ist, sind Binnenschifffahrtsunternehmen, die über ihren Schatten springen. Kooperation ist für alle gut. Kommerzielle Interessen und operative Durchführung müssen strikt getrennt werden. Niemand muss irgendwelche kundensensiblen Daten des anderen sehen.

Internetbasierte IT ermöglicht Zusammenarbeit

Der Wille zur Zusammenarbeit kann über moderne, internetbasierte IT sehr praktisch möglich gemacht werden. Zum Beispiel, wenn Binnenschifffahrtsunternehmen gemeinsam über die jeweiligen eigenen TMS einen übergreifenden Control Tower setzen. Dort kann sich jeder auf seine Weise anschließen, um Container auf Schiffe von anderen zu buchen oder umgekehrt Buchungen für die eigenen Schiffe zu erhalten. Durch die Hinzunahme eines umfassenden Track & Trace weiß jeder Teilnehmer in Echtzeit, was mit seinen Containern passiert. Ein individuell einzurichtendes Dashboard gibt jedem Binnenschifffahrtsunternehmen 24/7 aktuellen Einblick und warnt automatisch bei operativen Abweichungen, die sofortige Maßnahmen erfordern. 

Keine drei halb vollen Schiffe aus beispielsweise Duisburg mehr, die jeweils fünf Terminals in Rotterdam anlaufen. Stattdessen ein einziges Schiff von einem Hinterlandstandort zu einem Deepsea-Terminal und umgekehrt. Die Vorteile hinsichtlich Effizienz, Kosten und CO2-Einsparung sind evident. Jeder profitiert! Mit Blick auf die Zukunft hoffe ich von ganzem Herzen, dass die Containerbinnenschifffahrt in diesem Bereich zusammenarbeiten wird. Dass dadurch der Blick von meinem Sofa etwas weniger abwechslungsreich wird, nehme ich gerne in Kauf.